§ bis 35
2. Kapitel
Voraussetzungen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit
1. Abschnitt
Straftaten und Verfehlungen
§ 1. (1) Straftaten sind schuldhaft begangene gesellschaftswidrige oder gesellschaftsgefährliche Handlungen (Tun oder Unterlassen), die nach dem Gesetz als Vergehen oder Verbrechen strafrechtliche Verantwortlichkeit begründen.
(2) Vergehen sind vorsätzlich oder fahrlässig begangene gesellschaftswidrige Straftaten, welche die Rechte und Interessen der Bürger, das sozialistische Eigentum, die gesellschaftliche und staatliche Ordnung oder andere Rechte und Interessen der Gesellschaft schädigen. Sie ziehen strafrechtliche Verantwortlichkeit vor einem gesellschaftlichen Organ der Rechtspflege oder Strafen ohne Freiheitsentzug oder, soweit gesetzlich vorgesehen, bei schweren Vergehen Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren nach sich. Die Strafe für besonders schwere fahrlässige Vergehen ist, soweit gesetzlich vorgesehen, Freiheitsstrafe bis zu acht Jahren.
(3) Verbrechen sind gesellschaftsgefährliche Angriffe gegen die Souveränität der Deutschen Demokratischen Republik, den Frieden, die Menschlichkeit und die Menschenrechte, Kriegsverbrechen, Straftaten gegen die Deutsche Demokratische Republik sowie vorsätzlich begangene Straftaten gegen das Leben. Verbrechen sind auch andere vorsätzlich begangene gesellschaftsgefährliche Straftaten gegen die Rechte und Interessen der Bürger, das sozialistische Eigentum oder andere Rechte und Interessen der Gesellschaft, die eine schwerwiegende Mißachtung der sozialistischen Gesetzlichkeit darstellen und für die deshalb eine Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren angedroht ist oder für die innerhalb des vorgesehenen Strafrahmens im Einzelfall eine Freiheitsstrafe von über zwei Jahren ausgesprochen wird.
Durch Gesetz vom 29. Juni 1990 wurde der § 1 wie folgt geändert:
- der Abs. 2 Satz 1 erhielt folgende Fassung:
"Vergehen sind vorsätzlich oder fahrlässig begangene gesellschaftswidrige Straftaten, welche Rechte oder rechtlich geschützte Interessen der Bürger oder der Gesellschaft verletzten oder gefährden."
- der Abs. 3 erhielt folgende Fassung:
"(3) Verbrechen sind gesellschaftsgefährliche Angriffe gegen die Souveränität der Deutschen Demokratischen Republik, den Frieden, die Menschlichkeit und die Menschenrechte, Kriegsverbrechen sowie Mord. Verbrechen sind auch andere vorsätzlich begangene gesellschaftsgefährliche Straftaten, für die eine Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren angedroht ist oder für die innerhalb des vorgesehenen Strafrahmens im Einzelfall eine Freiheitsstrafe von über zwei Jahren ausgesprochen wird."
§ 2. (1) Nur auf Antrag des Geschädigten werden verfolgt, sofern kein öffentliches Interesse daran besteht:
- fahrlässige Körperverletzung;
- Beschädigung persönlichen und privaten Eigentums;
- unbefugte Benutzung von Kraftfahrzeugen;
- Eigentumsvergehen gegenüber Angehörigen;
- Vorsätzliche Körperverletzung gegenüber Angehörigen.
(2) Der Antrag muß innerhalb von drei Monaten, nachdem der Geschädigte von der Straftat erfahren hat, spätestens aber binnen sechs Monaten seit der Begehung der Straftat, gestellt werden.
(3) Der Antrag kann bis zur Verkündung einer die strafrechtliche Verantwortlichkeit feststellenden Entscheidung zurückgenommen werden.
Durch Gesetz vom 14. Dezember 1988 erhielt der § 2 Abs. 1 folgende Fassung:
"(1) In gesetzlich vorgesehenen Fällen werden Vergehen nur auf Antrag des Geschädigten verfolgt, sofern kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht."
§ 3. (1) Eine Straftat liegt nicht vor, wenn die Handlung zwar dein Wortlaut eines gesetzlichen Tatbestandes entspricht, jedoch die Auswirkungen der Tat auf die Rechte und Interessen der Bürger oder der Gesellschaft und die Schuld des Täters unbedeutend sind.
(2) Eine solche Handlung kann als Verfehlung, Ordnungswidrigkeit, Disziplinarverstoß oder nach den Bestimmungen der materiellen Verantwortlichkeit verfolgt werden, soweit dies gesetzlich zulässig ist.
Durch Gesetz vom 14. Dezember 1988 erhielt der § 3 Abs. 1 folgende Fassung:
"(1) Ein Vergehen liegt nicht vor, wenn die Handlung zwar dem Wortlaut eines gesetzlichen Tatbestandes entspricht, jedoch ihre Auswirkungen auf die Rechte und Interessen der Bürger oder der Gesellschaft und der Grad der Schuld des Täters gering sind."
§ 4. (1) Verfehlungen sind Verletzungen rechtlich geschützter Interessen der Gesellschaft oder der Bürger; bei denen die Auswirkungen der Tat und die Schuld des Täters unbedeutend sind und die im Strafgesetzbuch oder in anderen Gesetzen als solche bezeichnet werden.
(2) Zur Feststellung der Verantwortlichkeit für Verfehlungen finden die Bestimmungen des Allgemeinen Teils entsprechende Anwendung. Die Maßnahmen der Verantwortlichkeit für Verfehlungen werden gesetzlich besonders geregelt.
2. Abschnitt
Schuld
§ 5. Grundsätze. (1) Eine Tat ist schuldhaft begangen, wenn der Täter trotz der ihm gegebenen Möglichkeiten zu gesellschaftsgemäßem Verhalten durch verantwortungsloses Handeln den gesetzlichen Tatbestand eines Vergehens oder Verbrechens verwirklicht.
(2) Bei der Feststellung der Art und Schwere der Schuld sind alle objektiven und subjektiven Umstände sowie die Ursachen und Bedingungen der Tat zu berücksichtigen, die den Täter zum verantwortungslosen Handeln bestimmt haben.
(3) Strafrechtliche Verantwortlichkeit für fahrlässiges Handeln tritt nur ein, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist.
§ 8. Vorsatz. (1) Vorsätzlich, handelt, wer sich zu der im gesetzlichen Tatbestand bezeichneten Tat bewußt entscheidet.
(2) Vorsätzlich handelt auch, wer zwar die Verwirklichung der im gesetzlichen Tatbestand bezeichneten Tat nicht anstrebt, sich jedoch bei seiner Entscheidung zum Handeln bewußt damit abfindet, daß er diese Tat verwirklichen könnte.
Fahrlässigkeit
§ 7. Fahrlässig handelt, wer voraussieht, daß er die im gesetzlichen Tatbestand bezeichneten Folgen verursachen könnte und diese ungewollt herbeiführt, weil er bei seiner Entscheidung zum Handeln leichtfertig darauf vertraut, daß diese Folgen nicht eintreten werden.
§ 8. (1) Fahrlässig handelt auch, wer sich in bewußter Verletzung seiner Pflichten zum Handeln entscheidet und dadurch die im gesetzlichen Tatbestand bezeichneten Folgen herbeiführt, ohne diese vorauszusehen, obwohl er sie bei verantwortungsbewußter Prüfung der Sachlage hätte voraussehen und bei pflichtgemäßem Verhalten vermeiden können.
(2) Fahrlässig handelt auch, wer sich zur Zeit der Tat der Pflichtverletzung nicht bewußt ist, weil er infolge verantwortungsloser Gleichgültigkeit sich seine Pflichten nicht bewußt gemacht öder weil er sich auf Grund einer disziplinlosen Einstellung an das pflichtwidrige Verhal
ten gewöhnt hat und dadurch die im gesetzlichen Tatbestand bezeichneten, bei pflichtgemäßem Verhalten voraussehbaren und vermeidbaren schädlichen Folgen herbeiführt.
§ 9. Begriff der Pflichten. Pflichten im Sinne dieses Gesetzes sind solche, die dem Verantwortlichen zum Zeitpunkt der Tat kraft Gesetzes, Berufs, Tätigkeit oder seiner Beziehungen zum Geschädigten zur Vermeidung schädlicher Folgen oder Gefahren obliegen oder die ihm daraus erwachsen, daß er durch sein Verhalten für andere Personen oder für die Gesellschaft besondere Gefahren heraufbeschwört.
§ 10. Schuldausschluß. Schuldhaft (vorsätzlich oder fahrlässig) handelt nicht, wem die Erfüllung seiner Pflichten objektiv nicht möglich ist oder wer dazu nicht imstande ist, weil er wegen eines von ihm nicht zu verantwortenden persönlichen Versagens oder Unvermögens die Umstände oder Folgen seines Handelns nicht erfassen oder die ihm unter den gegebenen Umständen obliegenden Pflichten nicht. erkennen kann.
Verantwortlichkeit für straferschwerende Umstände
§ 11. (1) Wird ein schwerer Fall einer vorsätzlichen Tat durch das Vorliegen besonderer objektiver Umstände begründet, sind sie dem Täter zur vorsätzlichen Schuld nur zuzurechnen, wenn sie ihm bekannt waren.
(2) Sieht ein Gesetz für die Begehung einer vorsätzlichen Tat mit der fahrlässigen Herbeiführung schwerer Folgen strengere Formen der Verantwortlichkeit vor, sind diese Folgen dem Täter nur zuzurechnen, wenn ihm die Umstände bekannt waren, aus denen sie entstanden sind oder wenn er sie auf andere Weise hätte voraussehen können.
§ 12. Sieht ein Gesetz für die Begehung einer fahrlässigen Tat, die mit der Herbeiführung besonders bezeichneter schwerer Folgen verbunden ist, eine strengere Verantwortlichkeit vor, sind diese Folgen dem Täter nur zuzurechnen, wenn sich sein fahrlässiges Verschulden auch auf diese Folgen erstreckt.
§ 13. Irrtum. (1) Wer bei seinem Handeln das Vorhandensein von Tatumständen nicht kannte, welche zum gesetzlichen Tatbestand gehören oder die Strafbarkeit erhöhen, dem sind diese Umstände nicht zuzurechnen. Die strafrechtliche Verantwortlichkeit wegen fahrlässiger Schuld wird dadurch nicht berührt.
(2) Für fahrlässige Handlungen gilt Absatz 1 nur, wenn die Unkenntnis der Tatumstände nicht auf Fahrlässigkeit beruht.
§ 14. Schuldminderung durch außergewöhnliche Umstände. Ist das Verschulden des Täters infolge unverschuldeten Affekts oder anderer außergewöhnlicher objektiver und subjektiver Umstände, die seine Entscheidungsfähigkeit beeinflußt haben, nur gering, kann die Strafe nach den Grundsätzen über die außergewöhnliche Strafmilderung herabgesetzt und bei Vergehen kann von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit abgesehen werden.
§ 15. Zurechnungsunfähigkeit. (1) Strafrechtliche Verantwortlichkeit ist ausgeschlossen, wenn der Täter zur Zeit der Tat wegen zeitweiliger oder dauernder krankhafter Störung der Geistestätigkeit oder wegen Bewußtseinsstörung unfähig ist, sich nach den durch die Tat berührten Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens zu entscheiden.
(2) Das Gericht kann die Einweisung in psychiatrische Einrichtungen nach den dafür geltenden gesetzlichen Bestimmungen anordnen.
(3) Wer sich schuldhaft in einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand versetzt und in diesem Zustand eine mit Strafe bedrohte Handlung begeht, wird nach dem verletzten Gesetz bestraft.
§ 16. Verminderte Zurechnungsfähigkeit. (1) Strafrechtliche Verantwortlichkeit ist gemindert, wenn der Täter zur Zeit der Tat infolge der im § 15 Absatz 1 genannten Gründe oder wegen einer schwerwiegenden abnormen Entwicklung seiner Persönlichkeit mit Krankheitswert in der Fähigkeit, sich bei der Entscheidung zur Tat von den dadurch berührten Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens leiten zu lassen, erheblich beeinträchtigt war.
(2) Die Strafe kann nach den Grundsätzen über die außergewöhnliche Strafmilderung herabgesetzt werden. Dabei sind die Gründe zu berücksichtigen, die zur verminderten Zurechnungsfähigkeit. geführt, haben. Das gilt nicht, wenn sich der Täter schuldhaft in einen die Zurechnungsfähigkeit vermindernden Rauschzustand versetzt hat.
(3) Das Gericht kann anstelle oder neben einer Maßnahme der strafrechtlichen Verantwortlichkeit die Einweisung in psychiatrische Einrichtungen nach den dafür geltenden gesetzlichen Bestimmungen anordnen.
3. Abschnitt
Notwehr und Notstand
§ 17. Notwehr. (1) Wer einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff gegen sich oder einen anderen oder gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung in einer der Gefährlichkeit des Angriffs angemessenen Weise abwehrt, handelt im Interesse der sozialistischen Gesellschaft und ihrer Gesetzlichkeit und begeht keine Straftat.
(2) Bei Überschreitung der Notwehr ist von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit abzusehen, wenn der Handelnde in begründete hochgradige Erregung versetzt wurde und deshalb über die Grenzen der Notwehr hinausging.
Durch Vertrag vom 18. Mai 1990 wurden im § 17 Abs. 1 die Worte "oder gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung" sowie die Worte "handelt im Interesse der sozialistischen Gesellschaft und ihrer Gesetzlichkeit und" gestrichen.
Durch Gesetz vom 29. Juni 1990 erhielt der § 17 Abs. 1 folgende Fassung:
"(1) Wer einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff gegen sich oder einen anderen in einer der Gefährlichkeit des Angriffs angemessenen Weise abwehrt, begeht keine Straftat."
Notstand und Nötigungsstand
§ 18. (1) Wer Rechte oder Interessen Dritter beeinträchtigt, um eine ihm oder einem anderen oder der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung gegenwärtig drohende, anders nicht zu beseitigende Gefahr abzuwenden, begeht keine Straftat, wenn seine Handlung zur Art und zum Ausmaß der Gefahr im angemessenen Verhältnis steht.
(2) Die strafrechtliche Verantwortlichkeit ist gemindert, wenn der Handelnde unverschuldet durch eine ihm oder einem anderen gegenwärtig drohende, anders nicht zu beseitigende Gefahr für Leben oder Gesundheit in heftige Erregung oder große Verzweiflung versetzt wird und diese Gefahr durch einen Angriff auf Leben oder Gesundheit anderer Menschen abzuwenden versucht. Die Strafe kann entsprechend der Größe der Gefahrenlage, der psychischen Zwangslage des Täters und der Schwere der begangenen Tat nach den Grundsätzen über die außergewöhnliche Strafmilderung herabgesetzt werden. In außergewöhnlichen Fällen einer, solchen Gefahrenlage kann von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit abgesehen werden.
Durch Vertrag vom 18. Mai 1990 wurden im § 18 Abs. 1 die Worte "oder der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung" gestrichen.
Durch Gesetz vom 29. Juni 1990 erhielt der § 18 Abs. 1 folgende Fassung:
"(1) Wer Rechte oder Interessen Dritter beeinträchtigt, um eine ihm oder einem anderen gegenwärtig drohende, anders nicht zu beseitigende Gefahr abzuwenden, begeht keine Straftat, wenn seine Handlung zur Art und zum Ausmaß der Gefahr im angemessenen Verhältnis steht."
§ 19. (1) Wer von einem anderen durch unwiderstehliche Gewalt oder durch Drohung mit einer gegenwärtigen, anders nicht zu beseitigenden Gefahr für Leben oder Gesundheit des Täters oder eines anderen zur Begehung der Tat gezwungen wird, begeht keine Straftat: Der sich für andere Personen oder die Gesellschaft daraus ergebende Schaden darf nicht außer Verhältnis zu der drohenden Gefahr stehen. Das Leben anderer Menschen darf nicht angegriffen werden.
(2) Wer die Grenzen des Nötigungsstandes überschreitet, ist strafrechtlich verantwortlich. Die Strafe kann nach den Grundsätzen über die außergewöhnliche Strafmilderung herabgesetzt werden, wenn der Täter durch die Nötigung in eine schwere psychische Zwangslage versetzt wurde.
§ 20. Widerstreit der Pflichten. (1) Wer in Ausübung ihm obliegender Pflichten sich nach verantwortungsbewußter Prüfung der Sachlage zur Begehung einer Pflichtverletzung entscheidet, um durch die Erfüllung anderer Pflichten den Eintritt eines größeren, anders nicht abwendbaren Schadens für andere Personen oder die Gesellschaft zu verhindern, handelt gerechtfertigt und begeht keine Straftat.
(2) Hat der Täter die Gefahren, zu deren Abwendung er tätig wird, selbst schuldhaft herbeigeführt, findet diese Bestimmung keine Anwendung.
4. Abschnitt
Vorbereitung, Versuch und Teilnahme
§ 21. Vorbereitung und Versuch. (1) Vorbereitung und Versuch einer Straftat begründen strafrechtliche Verantwortlichkeit nur, wenn es das Gesetz ausdrücklich bestimmt.
(2) Vorbereitung liegt vor, wenn der Täter Voraussetzungen oder Bedingungen für die Ausführung der geplanten Straftat schafft, ohne mit der Ausführung zu beginnen.
(3) Versuch liegt vor, wenn der Täter mit der vorsätzlichen Ausführung der Straftat beginnt, ohne sie zu vollenden.
(4) Vorbereitung und Versuch begründen strafrechtliche Verantwortlichkeit nach demselben Gesetz wie die vollendete Straftat. Dabei sind die Beweggründe des Täters, die von ihm angestrebten oder für möglich gehaltenen Folgen, der Grad der Verwirklichung der Straftat und die Gründe, aus denen sie nicht vollendet wurde, zu berücksichtigen. Die Strafe kann nach den Grundsätzen über die außergewöhnliche Strafmilderung herabgesetzt werden.
(5) Von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit ist abzusehen, wenn der Täter freiwillig und endgültig von der Vollendung der Tat Abstand nimmt. Das gilt auch; wenn im Falle des Versuchs der Täter den Eintritt der Folgen freiwillig abwendet.
§ 22. Täter und Teilnehmer. (1) Als Täter ist strafrechtlich verantwortlich, wer eine Straftat selbst ausführt oder wer sie durch einen anderen, der für diese Tat selbst nicht verantwortlich ist, ausführen läßt.
(2) Als Teilnehmer an einer Straftat ist strafrechtlich verantwortlich, wer
1. vorsätzlich einen anderen zu der begangenen Straftat bestimmt (Anstiftung);
2. gemeinschaftlich mit anderen eine vorsätzliche Straftat ausführt (Mittäterschaft);
3. vorsätzlich einem anderen zu der begangenen Straftat Hilfe leistet oder wer dem Täter nach der Tatausführung vorher zugesagte Hilfe leistet (Beihilfe).
(3) Die strafrechtliche Verantwortlichkeit richtet sich nach dem Gesetz, das durch die Straftat verletzt wird. Jeder Teilnehmer ist unter Berücksichtigung der Schwere der gesamten Tat und der Art und Weise des Zusammenwirkens der Beteiligten nach dem Umfang und den Auswirkungen seines Tatbeitrages, seinen Beweggründen sowie danach verantwortlich, in welchem Maße er andere Personen zur Teilnahme veranlaßt hat.
(4) Für Beihilfe kann die Strafe nach den Grundsätzen über die außergewöhnliche Strafmilderung herabgesetzt werden. Das gleiche gilt für Mittäterschaft, wenn der Tatbeitrag des Teilnehmers im Verhältnis zur Gesamttat gering ist. Bei geringer Schuld und unbedeutendem Tatbeitrag kann bei einem Teilnehmer von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit abgesehen werden.
(5) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Umstände die strafrechtliche Verantwortlichkeit erhöhen, vermindern oder ausschließen, gilt das nur für den Täter oder Teilnehmer, bei dem diese Umstände vorliegen.
3. Kapitel
Maßnahmen der. strafrechtlichen Verantwortlichkeit
1. Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen
§ 23. System der Maßnahmen. (1) Als Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit werden angewandt:
- Beratung und Entscheidung durch ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege;
- Strafen ohne Freiheitsentzug;
- Strafen mit Freiheitsentzug;
- Todesstrafe.
(2) Sofern es zur Erziehung des Täters oder zum Schutze der Gesellschaft erforderlich ist, können Zusatzstrafen angewandt werden, wenn sie in dem verletzten Gesetz ausdrücklich angedroht sind oder wenn die im 5. Abschnitt dieses Kapitels geregelten Voraussetzungen für ihre Anwendung vorliegen.
Durch Gesetz vom 18. Dezember 1987 wurde im § 23 Abs. 1 das Wort "Todesstrafe" gestrichen.
§ 24. Wiedergutmachung des Schadens. (1) Bei Straftaten, die materielle Schäden zur Folge haben, ist darauf hinzuwirken, daß im Strafverfahren Schadensersatzansprüche nach den Bestimmungen des Arbeits-, Agrar- oder Zivilrechts geltend gemacht werden, um die erzieherische Wirksamkeit des Strafverfahrens zu erhöhen.
(2) Liegen bei einer derartigen Straftat die Voraussetzungen für die Übergabe an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege nicht vor, kann jedoch der Erziehungszweck des Strafverfahrens durch eine Verurteilung zum Schadensersatz erreicht werden, ist das Verfahren auf diese Art zum Abschluß zu bringen und von Strafe abzusehen.
Durch Gesetz vom 14. Dezember 1988 wurde der § 24 Abs. 2 aufgehoben.
§ 25. Absehen von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit. Von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit ist abzusehen,
1. wenn der Täter durch ernsthafte, der Schwere der Straftat entsprechende Anstrengungen zur Beseitigung und Wiedergutmachung ihrer schädlichen Auswirkungen oder durch andere positive Leistungen beweist, daß er grundlegende Schlußfolgerungen für ein verantwortungsbewußtes Verhalten gezogen hat und deshalb zu erwarten ist, daß er die sozialistische Gesetzlichkeit einhalten wird;
2. wenn die Straftat infolge der Entwicklung der sozialistischen Gesellschaftsverhältnisse keine schädlichen Auswirkungen hat.
Durch Gesetz vom 14. Dezember 1988 erhielt der § 25 folgende Fassung:
"§ 25. Absehen von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit. (1) Von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit ist abzusehen, wenn
1. die Straftat infolge der Entwicklung der sozialistischen Gesellschaftsverhältnisse keine schädlichen Auswirkungen hat;
2. bei Vergehen der Zweck des Strafverfahrens durch eine Verurteilung zum Schadenersatz erreicht werden kann;
3. der Täter durch ernsthafte, der Schwere der Straftat entsprechende Anstrengungen zur Beseitigung und Wiedergutmachung ihrer schädlichen Auswirkungen oder durch andere positive Leistungen beweist, daß er grundlegende Schlußfolgerungen für ein verantwortungsbewußtes Verhalten gezogen hat, und deshalb zu erwarten ist, daß er die sozialistische Gesetzlichkeit einhalten wird.
(2) Von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit kann abgesehen werden, wenn kein gesellschaftliches Interesse an der Bestrafung besteht.
(3) In anderen Fällen kann gesetzlich vorgesehen werden, daß von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit abzusehen ist oder abgesehen werden kann."
Durch Gesetz vom 29. Juni 1990 wurde der § 25 wie folgt geändert:
- der Abs. 1 Ziffer 1 wurde gestrichen und die Ziffern 2 und 3 wurden zu Ziffern 1 und 2;
- im neuen Abs. 2 wurden die Worte die sozialistische Gesetzlichkeit einhalten wird." ersetzt durch: "künftig ein straffreies Leben führen wird.">
- der Abs. 2 wurde aufgehoben und der bisherige Abs. 3 wurde Abs. 2.
§ 26. Maßnahmen zur Verhütung weiterer Straftaten. Die Leiter der Betriebe, der staatlichen Organe und Einrichtungen, die Vorstände der Genossenschaften und die Leitungen der gesellschaftlichen Organisationen, in deren Verantwortungsbereich eine Straftat begangen wurde oder der Täter arbeitet, haben in enger Zusammenarbeit mit den Werktätigen, ihren Kollektiven und Organisationen Maßnahmen zu beraten und durchzuführen, um Ursachen und Bedingungen der Tat zu beseitigen, zur erzieherischen Einwirkung auf den Rechtsverletzer beizutragen, die kollektive Erziehung zu fördern und damit weitere Straftaten zu verhüten. Die Leiter sind für die Erfüllung dieser Verpflichtung gegenüber den zuständigen Organen rechenschaftspflichtig.
Durch Gesetz vom 29. Juni 1990 wurde der § 26 aufgehoben.
§ 27. Fachärztliche Heilbehandlung zur Verhütung weiterer Rechtsverletzungen. (1) Ist es zur Verhütung weiterer Rechtsverletzungen notwendig, kann, besonders beim Vorliegen einer verminderten Zurechnungsfähigkeit, der Täter durch das Gericht verpflichtet werden, sich einer fachärztlichen Behandlung zu unterziehen.
(2) Kommt der Täter der Verpflichtung nicht nach, kann dies bei erneuter Straffälligkeit als straferschwerender Umstand berücksichtigt werden. § 35 Absatz 3 Ziffer 6, § 45 Absatz 5 und § 48 bleiben unberührt.
Durch Gesetz vom 7. April 1977 wurden im § 27 Abs. 2 die Worte "§ 35 Absatz 3 Ziffer 6" ersetzt durch: "§ 35 Absatz 4 Ziffer 5" und "§ 45 Absatz 5" wurde ersetzt durch: "§ 45 Absatz 6 Ziffer 2".
Durch Gesetz vom 28. Juni 1979 wurden im § 27 Abs. 2 die Worte "und § 48" gestrichen und nach Ziffer 5 das Wort "und" eingefügt.
Durch Gesetz vom 29. Juni 1990 wurde der § 27 Abs. 2 aufgehoben und der bisherige Abs. 1 wurde § 27.
2. Abschnitt
Beratung und Entscheidung durch ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege
§ 28. Voraussetzungen der Übergabe an gesellschaftliche Organe der Rechtspflege. (1) Über Vergehen beraten und entscheiden die gesellschaftlichen Organe der Rechtspflege, wenn im Hinblick auf die eingetretenen Folgen und die Schuld des Täters die Handlung nicht erheblich gesellschaftswidrig ist und wenn unter Berücksichtigung der Tat und der Persönlichkeit des Täters eine wirksame erzieherische Einwirkung durch das gesellschaftliche Organ der Rechtspflege zu erwarten ist. Diese Sachen sind durch die staatlichen Organe der Rechtspflege zu übergeben, wenn der Sachverhalt vollständig aufgeklärt ist und der Täter seine Rechtsverletzung zugibt. Bei fahrlässigen Straftaten kann die Sache einem gesellschaftlichen Organ der Rechtspflege auch dann übergeben werden, wenn ein erheblicher Schaden eingetreten ist, jedoch die Schuld des Täters infolge außergewöhnlicher Umstände gering ist.
(2) Unter diesen Voraussetzungen beraten und entscheiden die gesellschaftlichen Organe der Rechtspflege über alle Vergehen, insbesondere über
- Vergehen gegen das sozialistische und persönliche Eigentum;
- Körperverletzungen;
- Verletzungen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes.
(3) Eine Übergabe kann insbesondere erfolgen, wenn Verpflichtungen der Arbeitskollektive, der Hausgemeinschaften, der Brigaden oder anderer Kollektive eine erfolgreiche Erziehung des Rechtsverletzers gewährleisten und die Rechte und Interessen der Bürger und der Gesellschaft gewahrt werden.
(4) Die gesellschaftlichen Organe der Rechtspflege beraten und entscheiden auch über Verfehlungen.
Durch Gesetz vom 29. Juni 1990 wurde der § 28 wie folgt geändert:
- im Abs. 2 erster Gedankenstrich wurden die Worte "sozialistische und persönliche" gestrichen.
- Abs. 3 wurde aufgehoben und der bisherige Abs. 4 wurde Abs. 3.
§ 29. Erziehungsmaßnahmen. (1) Die gesellschaftlichen Organe der Rechtspflege können im Ergebnis ihrer Beratung folgende Erziehungsmaßnahmen festlegen:
- Der Bürger wird verpflichtet, sich beim Geschädigten oder vor dem Kollektiv zu entschuldigen.
- Die Verpflichtung des Bürgers zur Wiedergutmachung des angerichteten Schadens und andere Verpflichtungen werden bestätigt.
- Der Bürger wird verpflichtet, den angerichteten Schaden durch eigene Arbeit wiedergutzumachen oder, falls dies nicht möglich ist, Schadensersatz in Geld zu leisten.
- Der Bürger wird verpflichtet, die Beleidigung öffentlich zurückzunehmen.
- Dem Bürger wird eine Rüge ausgesprochen.
- Dem Bürger wird eine Geldbuße von 5,- bis zu 50,- Mark oder bei Eigentumsvergehen oder -verfehlungen eine Geldbuße bis zum dreifachen Wert des verursachten Schadens, höchstens jedoch 150,- Mark auferlegt.
(2) Die gesellschaftlichen Organe der Rechtspflege können Verpflichtungen einer Brigade, einer Hausgemeinschaft oder eines anderen Kollektivs oder eines Bürgers zur Erziehung des Rechtsverletzers bestätigen.
(3) Die Verpflichtung des Bürgers zur Wiedergutmachung des Schadens erfolgt im Einvernehmen mit dem Geschädigten.
(4) Die gesellschaftlichen Organe der Rechtspflege können Empfehlungen an die Leiter der Betriebe, der staatlichen Organe und Einrichtungen, die Vorstände der Genossenschaften und die Leitungen der gesellschaftlichen Organisationen geben. Diese sind verpflichtet, innerhalb von zwei Wochen schriftlich dazu Stellung zu nehmen.
Durch Gesetz vom 25. März 1982 erhielt der § 29 Abs. 1 folgende Fassung:
""(1) Die gesellschaftlichen Organe der Rechtspflege können im Ergebnis ihrer Beratung über Vergehen folgende Erziehungsmaßnahmen festlegen:
1. Die Verpflichtung des Bürgers, sich bei dem Geschädigten oder vor dem Kollektiv zu entschuldigen, wird bestätigt, oder ihm wird eine solche Pflicht auferlegt.
2. Die Verpflichtung des Bürgers, Schadenersatz in Geld nach den Rechtsvorschriften zu leisten oder den angerichteten Schaden durch eigene Arbeit wiedergutzumachen, wird bestätigt, oder ihm wird eine solche Pflicht auferlegt.
3. Die Verpflichtung des Bürgers, in seiner Freizeit bis zu 20 Stunden unbezahlte gemeinnützige Arbeit zu leisten, wird bestätigt.
4. Andere Verpflichtungen des Bürgers, die darauf gerichtet sind, ein dem sozialistischen Recht entsprechendes Handeln zu entwickeln, zu fördern und zu gewährleisten, werden bestätigt.
5. Dem Bürger wird eine Rüge erteilt.
6. Dem Bürger wird die Pflicht auferlegt, eine Geldbuße von 10 bis zu 500 Mark zu zahlen."
Durch Gesetz vom 29. Juni 1990 wurde der § 29 wie folgt geändert:
- im Abs. 1 Ziffer 1 wurden die Worte "oder vor dem Kollektiv" gestrichen.
- im Abs. 1 Ziffer 4 wurden die Worte "sozialistischen Recht" ersetzt durch: "Gesetz".
- im Abs. 1 Ziffer 6 wurde das Wort "Mark" ersetzt durch: "Deutsche Mark".
- die Abs. 2 und 4 wurden aufgehoben und der bisherige Abs. 3 wurde Abs. 2.
3. Abschnitt
Strafen ohne Freiheitsentzug
§ 30. Anwendungsbereich und Zweck der Strafen ohne Freiheitsentzug. (1) Strafen ohne Freiheitsentzug werden unter Berücksichtigung der Schwere der, Tat und der Schuld des Täters gegenüber Personen angewandt, die ein Vergehen aus Undiszipliniertheit, Pflichtvergessenheit, ungefestigtem Verantwortungsbewußtsein oder Unachtsamkeit oder wegen besonderer persönlicher Schwierigkeiten begehen.
(2) Ist das Vergehen Ausdruck eines hartnäckigen disziplinlosen Verhaltens des Täters, kann eine Verurteilung auf Bewährung nur ausgesprochen werden, wenn sie zur wirksamen erzieherischen Einflußnahme auf den Täter mit der Verpflichtung zur Bewährung am Arbeitsplatz oder einer Bürgschaft verbunden wird.
(3) Zweck der Strafen ohne Freiheitsentzug ist es, den Täter zur eigenen Bewährung und Wiedergutmachung anzuhalten, damit er künftig seiner gesellschaftlichen Verantwortung gerecht wird. Die Strafen ohne Freiheitsentzug tragen dazu bei, die erzieherische Kraft der sozialistischen Kollektive und gesellschaftlichen Organisationen zur Überwindung von Rechtsverletzungen zu entfalten.
Durch Gesetz vom 29. Juni 1990 wurde der § 30 Ab. 2 und 3 aufgehoben und der bisherige Abs. 1 wurde § 30.
§ 31. Bürgschaft. (1) Kollektive der Werktätigen können sich verpflichten, die Bürgschaft über den Rechtsverletzer zu übernehmen und dem Gericht vorschlagen, eine Strafe ohne Freiheitsentzug auszusprechen. Ausnahmsweise können auch einzelne, zur Erziehung des Täters befähigte und geeignete Bürger die Bürgschaft übernehmen.
(2) Bestätigt das Gericht im Urteil, die Übernahme der Bürgschaft, sind das Kollektiv oder der Bürge, der sie beantragt hat, verpflichtet, die Erziehung des Rechtsverletzers zu gewährleisten.
(3) Die durch die Bürgschaft übernommene Verpflichtung erlischt nach Ablauf eines Jahres. Bei Verurteilung auf Bewährung kann sie für eine längere Dauer, jedoch nicht über die Bewährungszeit hinaus bestätigt werden.
(4) Entzieht sich der Verurteilte der Bewährung und Wiedergutmachung, kann das Kollektiv oder der Bürge beim Gericht den Vollzug der mit einer Verurteilung auf Bewährung angedrohten Freiheitsstrafe beantragen.
(5) Das Gericht bestätigt auf Antrag des Kollektivs oder des Bürgen das Erlöschen der Bürgschaft, wenn die Voraussetzungen für die Erfüllung der mit der Bürgschaft verbundenen Verpflichtungen weggefallen sind.
Durch Gesetz vom 14. Dezember 1988 erhielten der § 31 Abs. 1 und 2 folgende Fassung:
"(1) Kollektive der Werktätigen oder einzelne zur Erziehung des Täters geeignete Personen können die Bürgerschaft über den Täter übernehmen und dem Gericht vorschlagen, eine Strafe ohne Freiheitsentzug auszusprechen.
(2) Bestätigt das Gericht im Urteil die Übernahme der Bürgschaft, sind das Kollektiv oder der Bürger, der sie beantragt hat, verpflichtet, die Erziehung des Täters zu gewährleisten."
Durch Gesetz vom 29. Juni 1990 wurde der § 31 wie folgt geändert:
- im Abs. 1 wurden die Worte "Kollektive der Werktätigen oder einzelne zur" ersetzt durch: "Zur".
- im Abs. 2 wurden die Worte "das Kollektiv oder" gestrichen und das Wort "sind" ersetzt durch: "ist".
- der Abs. 4 wurde aufgehoben.
- der Abs. 5 wurde Abs. 4 und in ihm wurden die Worte "des Kollektivs oder" gestrichen.
§ 32. Pflichten und Rechte der Betriebe, staatlichen Organe, Genossenschaften, gesellschaftlichen Organisationen und der Kollektive der Werktätigen. (1) Wird eine Verurteilung auf Bewährung ausgesprochen, so sind die Leiter der Betriebe, der staatlichen Organe und Einrichtungen, die Vorstände der Genossenschaften und die Leitungen der gesellschaftlichen Organisationen, in deren Bereich der Verurteilte arbeitet und lebt, verpflichtet, die erzieherische Einwirkung auf den Verurteilten zu gewährleisten und in ihrem Verantwortungsbereich die Erfüllung der dem Verurteilten auferlegten Pflichten zu kontrollieren. Sie haben zu sichern, daß der Verurteilte in einem geeigneten Kollektiv arbeitet und dieses bei der Erziehung zu unterstützen. Bei Verletzung der mit der Verurteilung auferlegten Pflichten können die Kollektive beim Leiter Maßnahmen gemäß Absatz2 Ziffer 1 beantragen oder beim Gericht Anträge gemäß Absatz 2 Ziffer 2 stellen.
(2) Bei Verletzung der mit der Verurteilung auf Bewährung auferlegten Pflichten aus § 33 Absätze 3 und 4 Ziffern 1, 2 und 6 haben die Leiter der Betriebe, der staatlichen Organe und Einrichtungen oder die Vorstände der Genossenschaften das Recht,
1. Maßnahmen der disziplinarischen Verantwortlichkeit - außer fristlose Entlassung - anzuwenden, wenn diese nach den gesetzlichen Bestimmungen zulässig sind;
2. gerichtliche Maßnahmen nach § 35 Absatz 5 oder den Vollzug der angedrohten Freiheitsstrafe zu beantragen. Der Antrag soll mit dem Kollektiv, dem der Verurteilte angehört, oder dem zuständigen gesellschaftlichen Gericht oder dem Schöffenkollektiv beraten werden.
Durch Gesetz vom 28. Juni 1979 wurden im § 32 Abs. 2 die Worte "§ 33 Absätze 3 und 4 Ziffern 1, 2 und 6" ersetzt durch: "§ 33 Absätze 3 und 4 Ziffern 1, 2 und 7".
Durch Vertrag vom 18. Mai 1990 wurde der § 32 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 29. Juni 1990 wurde der § 32 nochmals aufgehoben.
§ 33. Verurteilung auf Bewährung. (1) Mit der Verurteilung auf Bewährung soll der Täter dazu angehalten werden, durch gewissenhafte Erfüllung seiner Pflichten und Bewährung in der Arbeit und in seinem persönlichen Leben seine Tat gegenüber der Gesellschaft wiedergutzumachen, seine gesellschaftliche Verantwortung zu erkennen und ernst zu nehmen und das Vertrauen der Gesellschaft auf sein künftig verantwortungsbewußtes Verhalten zu rechtfertigen.
(2) Mit der Verurteilung auf Bewährung wird im Urteil eine Bewährungszeit von einem Jahr bis zu drei Jahren festgesetzt, mit der dem Verurteilten bestimmte Pflichten auferlegt werden können. Zugleich wird eine Freiheitsstrafe für den Fall angedroht, daß der Verurteilte seiner Pflicht zur Bewährung schuldhaft nicht nachkommt. Die Dauer der anzudrohenden Freiheitsstrafe beträgt mindestens drei Monate und höchstens zwei Jahre. Sie darf die Obergrenze der im verletzten Gesetz angedrohten Freiheitsstrafe nicht überschreiten. Ist in diesem keine Freiheitsstrafe angedroht, beträgt sie höchstens ein Jahr.
(3) Bei Straftaten, die materielle Schäden verursacht haben, ist der Verurteilte zu verpflichten, den angerichteten Schaden durch Schadensersatzleistung oder, mit Einverständnis des Geschädigten, durch eigene Arbeit wiedergutzumachen. Das Gericht kann hierfür Fristen festsetzen.
(4) Um die Wirksamkeit der Strafe zu gewährleisten, kann der Verurteilte für die Dauer der Bewährungszeit verpflichtet werden,
1. durch Bewährung am Arbeitsplatz zu zeigen, daß er richtige Lehren aus seiner Tat und seiner Verurteilung gezogen hat (§ 34);
2. sein Arbeitseinkommen und andere Einkünfte für Aufwendungen der Familie, Unterhaltsverpflichtungen sowie für weitere materielle Verpflichtungen zu verwenden;
3. bestimmte Örtlichkeiten nicht zu besuchen;
4. unbezahlte gemeinnützige Arbeit in der Freizeit bis zur Dauer von zehn Arbeitstagen zu verrichten;
5. sich einer fachärztlichen Behandlung zu unterziehen, wenn dies zur Verhütung weiterer Rechtsverletzungen notwendig ist;
6. in bestimmten Abständen dem Gericht, dem Leiter oder dem Kollektiv über die Erfüllung der ihm auferlegten Pflichten zu berichten (§ 32).
(5) Neben der Verurteilung auf Bewährung kann gemäß § 23 Absatz 2 auf Zusatzstrafen, insbesondere auf Geldstrafe, Aufenthaltsbeschränkung oder Tätigkeitsverbot, erkannt werden.
Durch Gesetz vom 28. Juni 1979 wurde der § 33 Abs. 4 wie folgt geändert:
- die Ziffern 3 und 4 erhielten folgende Fassung:
"3. den Umgang mit bestimmten Personen oder Personengruppen zu unterlassen sowie bestimmte Orte oder Räumlichkeiten nicht zu besuchen;
4. bestimmte Gegenstände nicht zu besitzen oder zu verwenden;"
- die bisherigen Ziffern 4 und 5 wurden Ziffern 5 und 6.
- die bisherige Ziffer 6 wurde Ziffer 7 und erhielt folgende Fassung:
"7. in bestimmten Abständen dem Gericht, dem Leiter, dem Kollektiv oder einem bestimmten staatlichen Organ über die Erfüllung der ihm auferlegten Pflichten zu berichten (§ 32)."
Durch Vertrag vom 18. Mai 1990 wurde der § 33 Abs. 4 Ziffer 7 "bis zu einer Neuregelung" außer Anwendung gesetzt.
Durch Gesetz vom 29. Juni 1990 wurde der § 33 wie folgt geändert:
- der Abs. 4 erhielt folgende Fassung:
"(4) Um die Wirksamkeit der Strafe zu gewährleisten, kann der Verurteilte für die Dauer der Bewährungszeit verpflichtet werden,
1. unbezahlte gemeinnützige Arbeit in der Freizeit bis zur Dauer von zehn Arbeitstagen zu verrichten;
2. sich einer fachärztlichen Behandlung zu unterziehen, wenn dies zur Verhütung weiterer Rechtsverletzungen notwendig ist;
3. in bestimmten Abständen dem Gericht über die Erfüllung der ihm auferlegten Pflichten zu berichten."
- im Abs. 5 wurde das Wort ", Aufenthaltsbeschränkung" gestrichen.
§ 34. Verpflichtung zur Bewährung am Arbeitsplatz. (1) Die Verpflichtung zur Bewährung am Arbeitsplatz soll den Täter durch die Einwirkung des Kollektivs am Arbeitsplatz zu einer verantwortungsbewußten Einstellung zur sozialistischen Arbeit und seinen anderen Pflichten erziehen.
(2) Das Gericht verpflichtet den Angeklagten im Urteil, seinen bisherigen oder einen ihm zuzuweisenden Arbeitsplatz nicht zu wechseln. Diese Verpflichtung wird für eine bestimmte, die Bewährungszeit nicht überschreitende Frist ausgesprochen. Der Verurteilte soll am bisherigen Arbeitsplatz oder im bisherigen Betrieb verbleiben, Der Betrieb hat dafür zu sorgen, daß die erzieherische Wirkung der Bewährung am Arbeitsplatz gewährleistet ist. Ein Wechsel des Betriebes durch den Verurteilten oder die Lösung des Arbeitsrechtsverhältnisses durch den Betrieb ist nur aus zwingenden Gründen zulässig und bedarf der Zustimmung des Gerichts.
Durch Vertrag vom 18. Mai 1990 wurde der § 34 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 29. Juni 1990 wurde der § 34 nochmals aufgehoben.
§ 35. Abschluß oder Widerruf der Bewährungszeit. (1) Läuft die Bewährungszeit ab, ohne daß die Voraussetzungen für den Widerruf eingetreten sind, darf die angedrohte Freiheitsstrafe nicht mehr vollzogen werden.
(2) Macht der Verurteilte während der Bewährungszeit besonders anerkennenswerte Fortschritte in seiner gesellschaftlichen und persönlichen Entwicklung und erfüllt er die ihm für die Bewährungszeit auferlegten Pflichten vorbildlich, kann das Gericht auf Antrag des für die erzieherische Einwirkung verantwortlichen Leiters (§ 32), eines Kollektivs, dem der Verurteilte angehört, oder eines Bürgen nach Ablauf von mindestens einem Jahr den Rest der Bewährungszeit durch Beschluß erlassen. Absatz1 gilt entsprechend.
(3) Die angedrohte Freiheitsstrafe ist zu vollziehen, wenn der Verurteilte während der Bewährungszeit eine vorsätzliche Straftat begeht, für die eine Strafe mit Freiheitsentzug ausgesprochen wird.
(4) Die angedrohte Freiheitsstrafe kann vollzogen werden, wenn der Verurteilte während der Bewährungszeit
1. wegen einer fahrlässigen Straftat oder zu einer Geldstrafe verurteilt wird;
2. sich einer im Urteil gemäß § 33 Absätze 3 und 4 sowie §